Da nur die wenigsten Tambours signiert
sind, ist eine genaue Zuordnung der erhaltenen Instrumente oft
schwierig. Da Tambours aber genauso wie Timbales, Fahnen und Standarten
zu den „Trophäen“ [25]
zählten, waren sie meist in den Farben und mit den Emblemen der
jeweiligen militärischen Abteilung bemalt in welchen sie verwendet
wurden. Zwar konnte so kein Tambour der Grande Écurie identifiziert
werden, aber doch immerhin ein Tambour der Cent-Suisses, jenem Teil der
Gardes Suisses der für den persönlichen Schutz des Königs
verantwortlich war.
Abbildung 12: Tambour der Cent-Suisses (Zeughaus Berlin),
Foto: public domain.
In
der Bemalung findet sich neben zahlreichen Sonnensymbolen und
Fleur-de-Lys die Devise der Cent-Suisses: „EA EST FIDUCIA GENTIS“
[Übers.: „So ist die Treue dieser Nation“]. Leider existiert nur noch
ein Foto dieses Instruments aus der Zeit vor 1945. Das Instrument
befand sich im Zeughaus Berlin, und gilt als Kriegsverlust. Anhand des
Fotos lassen sich keine Rückschlüsse auf die Instrumentengrösse ziehen.
Deutlich zu sehen sind Fell- und Druckreifen, 11 Bahnen, die genähten
Struppen und das Schloss. Unter den verschiedenen anderen Tambours, die
über die Bemalung französischen oder Schweizer Regimentern zugeordnet
werden können, befindet sich keine, die auch nur annähernd den in der
Quellen-Analyse gewonnenen Grössenangaben von 50 bis 54 cm
Aussendurchmesser bzw. Höhe entspricht. Dies kann bei den französischen
Instrumenten vielleicht daran liegen, dass es sich um
„Cavalerie“-Tambours handelt, wie bei Guerard um 1695 abgebildet und
bei Gabriel Daniel 1721 beschrieben, oder um kleinere Instrumente aus
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wie sie bei Garsault 1761
belegt sind. Glücklicherweise befindet sich in der Sammlung des
Musikmuseums Basel neben der ältesten datierbaren Schweizer
Leinentrommel aus dem Jahr 1571 auch ein Tambour aus dem Jahr 1689
[26], das in fast allen Details den gesuchten
Werten entspricht. Neben dem quadratischen Grundriss (Aussendurchmesser
51,8-53,3 cm, Gesamthöhe 52,5 cm), ist das Instrument über die
Jahreszahl in der Bemalung genau datierbar, und der Schriftzug
„Haupt-Quartier“ lässt auf eine militärische Benützung schliessen.
Abbildung 13-22: Zaeslin-Trommel aus dem Jahr 1689. Fotos: T. Hirsch.
Der
Herkunftsort des Instrumentes ist aller Wahrscheinlichkeit nach Basel,
da sich neben einem von zwei Basilisken gehaltenen Baslerstab und den
für Basel typischen schwarz-weissen Flammen und Diagonalstreifen auf
dem Instrument das Wappen der Basler Eisenhandels-Dynastie Zaeslin
befindet [27]. Das
Instrument hat Fellwickel- und Druckreifen (mit deutlichem
Randüberstand), 11 Bahnen mit Lederstruppen, eine doppelte
Schnarrseite, die auf der einen Saite über ein Schloss gespannt werden
kann, und auf der anderen Saite am Druckreifen befestigt ist (im
Unterschied zu der Befestigung der Schnarrseite an einem Knopf oder
Haken). Die Zargen sind aus einer Platte 5 mm dickem Holz
(möglicherweise Nussbaum) gebogen. Zargen und Druckreifen sind sowohl
verleimt, als auch genagelt bzw. vernietet, da die Nägel innen zurück
gebogen und umgeschlagen wurden. Das zusätzliche „Nageln“ hat
möglicherweise mit der Verwendung der Tambours im Freien zu tun, da ein
Knochenleim einem Einsatz bei Regen wohl nicht lange standgehalten
hätte. Da ein Öffnen des Instruments ohne Beschädigungen leider
nicht möglich war, erfolgte eine endoskopische Untersuchung zusammen
mit Andrea Fornaro vom Musikmuseum Basel.





Abbildung 23-27: Zaeslin-Trommel 1689, Endoskopische Untersuchung. Fotos: A. Fornaro/T. Hirsch.
Folgende
zusätzliche Erkenntnisse konnten so gewonnen werden: An den Rändern der
Zargen sind Reifchen zur Verstärkung angebracht. Auch diese sind
geleimt und genagelt. Die Innenseite dieser Reifchen ist schräg
abfallend, so dass die Felle nur ganz aussen auf der Zarge aufliegen.
Auf der Resonanzfell-Seite sind zusätzliche Einschnitte für die
Schnarrsaiten in den Reifchen angebracht. Die Zargen haben eine
Überlappung von fast 30 cm. Direkt am Ende dieser Überlappung ist ein
Längsbalken in den Korpus geleimt. Interessant sind die deutlichen
Zahnhobel-Spuren im Inneren des Instruments und der eingeleimte
Instrumenten-Zettel, bei dem es sich vielleicht um einen
Reparaturzettel handelt, da mit dem Endoskop das Wort „...felle“ zu
erkennen ist, das möglicherweise auf eine Erneuerung der Felle hinweist.
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[25] Da es noch keine Medien gab, die über eine
siegreiche Schlacht berichten konnten, musste man anhand der eroberten
Trophäen beweisen, dass man den Gegener wirklich besiegt hatte.
[26] Musikmuseum Basel, Inventar Nr. 1872/84.
[27] Umfangreiches Material über die Familie Zaeslin und die
Beschreibung des Wappens befindet sich im Staatsarchiv Basel.